1976 entdeckten Vereinsmitglieder ein, wie Daisy Brayton es formulierte, "verwuchertes und verwunschenes, mit Unrat übersätes Stückchen Land im Grunewald" direkt neben der Eisenbahnstrecke nach Magdeburg noch auf Reichsbahngelände gelegen. Man gab sich in der Zeit des Kalten Krieges multipolitisch und scherzte:

Die Westberliner Ortsgruppenmitglieder haben einen 2. Vorsitzenden, der Brite ist und im französischen Sektor wohnt, einen Platz, der im amerikanischen Sektor liegt und unter DDR-Verwaltung steht, der nur mit einer Sondererlaubnis der Berliner Polizei zu erreichen ist und der Zustimmung der Forstverwaltung bedarf.

Angefangen hat alles mit schwerer körperlicher Arbeit. Das Gelände musste geebnet und mit dem Einbau alter Eisenbahnschwellen gegen den Bahnkörper gesichert werden. Noch während der Erdarbeiten trainierte Marga Ruperti mit Hunden und Mitgliedern die Unterordnung. Die Übungen zur Fährtensuche fanden auf dem britischen Militärflughafen in Gatow statt; ein Privileg, das man dem 2.Vorsitzenden Major Brayton verdankte.

Die Pacht für den Platz wurde in Naturalien abgegolten. Die Ortsgruppe hatte das Hundefutter für die Reichsbahnhunde, die auf einem Gelände in der Papestraße stationiert waren, zu finanzieren. Die Vermittlung, d.h. die Lieferung des Hundefutters übernahm die Firma Gissel. Erst 1991 wurde diese Form der Pachtzahlung auf Bargeld umgestellt!

In der Anfangsphase der Platznutzung ergaben sich erhebliche Schwierigkeiten mit den Eisenbahnfans, die durch Zerstörungen verhindern wollten, dass das Gelände eingezäunt und damit für sie unzugänglich wurde. Von unserem Platz aus hat man nämlich die beste Einsicht in die Strecke, auf der damals die letzten Dampfloks der Reichsbahn im Interzonenverkehr eingesetzt wurden. Ein besonderes Zutrittsrecht für die Eisenbahnfreunde löste schließlich auch dieses Problem. Sehr viel später, 1997, nutzte der Bundesgrenzschutz unser Gelände wieder, diesmal zur Überwachung der Strecke gegen mögliche Attentate.

Der Platz liegt zwar unmittelbar an der Eisenbahn, aber er hat keinen eigenen Bahnhof und leider auch keine eigene Abfahrt von der parallelen Autobahn. Da er über eine öffentliche Straße nicht erreicht werden kann, haben sich die Mitglieder schon früh um Fahrsondererlaubnisse für Wasser- und andere Transporte durch den Grunewald zum Platz bemüht und auch bekommen.

Leider hat die öffentliche Verwaltung der Stadt dieses Bedürfnis in den letzten Jahren als eine zusätzliche, ergiebige Geldquelle entdeckt. Heute sind es nicht die Eisenbahnnostalgiker, die es den Mitgliedern schwer machen, das Übungsgelände zu erreichen, sondern die Radfahrer und Inlineskater, die den autofreien Kronprinzessinnenweg im Sommer zu ihrer bevorzugten Rennstrecke machen und keine andere Nutzung neben sich dulden wollen.

Stellvertretend für die vielen Mitglieder, die sich in den ersten Jahren engagierten, seien hier Horst Puhle, Heinz Eitner, Burghard Stahnke und Lutz Ehrlichmann genannt. Sie organisierten den Aufbau einer alten Bauhütte, die als erstes Vereinsheim diente. Erwin Schindler aus dem Schäferhundverein, Ortsgruppe Charlottenburg "Am Glockenturm" ,hatte sie beschafft. Das Haus wurde in Einzelteilen zum Platz geliefert und auf einem Fundament aus Eisenbahnschwellen, die von den U-Bahnanlagen am Gleisdreieck stammten, errichtet. Dieses Vereinsheim war 1976 fertig; am 19. September konnte die Platzeröffnung gefeiert werden.

Bill Brayton stellte das Programm für diesen Tag zusammen. Es begann mit der Platzeröffnung und der Schlüsselübergabe für das Vereinsheim, der zweite Programmpunkt war eine Unterordnung für Mittelschnauzer, es folgte eine gemischte Gruppe Schäferhunde und Riesenschnauzer mit Unterordnung, Fährten und Stellen eines Kriminellen. Der Einsatz der Rauschgifthunde der US Militärpolizei musste leider ausfallen, weil man keine Genehmigung für die Verwendung des notwendigen Rauschgifts bekam.

Nach der Übergabe eines Wanderpreises und Vorführungen der Jugendgruppe vereitelten Hundeführer der British Royal Air Force (RAF) mit Hunden und Maschinengewehren den Angriff einer "Terroristin". Abschluss vor dem "gemütlichen" Teil des Tages bildete eine Schutzdienst-Prüfung (III) der Riesenschnauzer.

Selbstbewusst konnte Daisy Brayton am Ende des Tages verkünden:

"Wir hoffen, durch die heutige Veranstaltung unsere junge Ortsgruppe würdig in den Kreis der kameradschaftlich verbundenen Berliner Hundesportler einzureihen."

Bill Brayton selbst besaß zu dieser Zeit den Riesenschnauzer "Chef'" aus der Zucht von Frau Ruperti. Auf seinen Einfluss ist es zurückzuführen, dass Leistung mit dem Hund im Mittelpunkt des Vereinslebens stand. Kritische Zungen behaupteten damals hinter vorgehaltener Hand: "Mitglieder mit kleinen Hunden, sind kleine Mitglieder!" Dass dem aber nicht so war, beweist die Vereinsgeschichte der folgenden Jahre, in denen Mittelschnauzer und Zwerge eine bedeutende Rolle spielten.

1976, bei der Einweihung des Hauses hatte die Ortsgruppe etwa 100 Mitglieder. Das Ehepaar Eitner übernahm von der ersten Stunde an die aufreibende und schwierige Aufgabe der Platzverwaltung, die sie über 10 Jahre, bis 1988 ausübte. Daisy Brayton sagte 1986 über die beiden:

"Unübertroffen - Tag und Nacht seit 10 Jahren einsatzbereit - unsere "Deutsche Eiche" Heinz Eitner mit seiner ebenbürtigen Frau Sigrid."

Das Haus wurde nach und nach mit neuem Gaststättenmobiliar ausgestattet und in das alte Streckenhaus ein Plumpsklo eingebaut. Eine Propangasanlage sorgte für die notwendige Energie. Die vielen Einbrüche in das einsam gelegene Haus waren damals ein Problem und sind es leider bis heute geblieben. Immer wieder fiel das Inventar Verwüstungen und Vandalismus zum Opfer und musste durch Sonderspenden erneuert werden. Zur Erhöhung der Sicherheit pflegte man u.a. Kontakte zur berittenen Polizei, die bei ihren Streifen auch auf das Haus achtete.

Die erste gemeinsame Aktion der Ortsgruppenmitglieder bestand 1978 in der Teilnahme an der Ausstellung "Kleintier und Pflanze" unter dem Funkturm. Man war mit einem eigenen Stand vertreten, der sogar, dies sei hier stolz vermerkt, den ersten Preis für seine Ausgestaltung noch vor den "Teckeln" errang. Durch das Engagement und die Präsenz unserer Hundefreunde konnten viele neue Mitglieder für den Verein und viele neue Freunde für die Schnauzer gewonnen werden.

Im selben Jahr wurde der Wanderpreis "Heinz Arnold" von der OG gestiftet. Die Hundesportler Heinz Arnold und Werner Schumann vom Schäferhundeverein Charlottenburg haben uns in den ersten Jahren unserer Ortsgruppe mit viel Engagement beim Schutzdienst und der Unterordnung, ebenso wie bei den ersten Schritten in das Vereinsrecht mit Rat und Tat beigestanden. Der Wanderpreis ehrte jedes Jahr die Mitglieder, die sich durch Fleiß und Fairness besonders ausgezeichnet hatten. Am 18. Juni 1978 wagte man sich an die erste CAC-Zuchtschau. Veranstaltungsort waren damals Kliems Festsäle in der Hasenheide, die Leitung hatte unser Mitglied Frau Pallmar, Richter war Karl Lohmann aus Paderborn, der in seiner Begrüßung sagte:

" ... Glauben Sie mir, alle Liebe, die Sie einem Menschen zuteil werden lassen, verblasst gegen die Liebe, die Ihnen Ihr Hund entgegenbringt ..... "

Inzwischen hatte auch die Arbeit mit Mittelschnauzern, inklusive der Fährtensuche auf dem Flugplatz Gatow, ihren selbstverständlichen Rang im Verein. Im Oktober 1979 richtete man dann den ersten Wettkampf aus. Zu Besuch kam die Kasseler Ortsgruppe, die ausgetragenen Disziplinen waren Fährten, Unterordnung und Schutzdienst. Drei Hunde (auch Mittelschnauzer) bildeten eine Gruppe. Im folgenden Jahr reiste man zum Gegenbesuch nach Kassel.

Als man 1982 anfing, auch Begleithundprüfungen abzunehmen, wurde ein zweiter Platz, der bis dahin als Müllkippe und Pennerunterschlupf gedient hatte und nur wenige Meter entfernt an der Bahn lag, zusätzlich angernietet und fast 10 Jahre mitgenutzt Stöbert man in den Protokollen der 80er Jahre, erschließt sich dem Leser ein intensives Vereinsleben mit monatlichen Zusammenkünften, Weihnachts- und Osterfeiern, Gänseessen und Grillabenden.

1987 wurde auf unserem Platz eine KSA - Schau unter der Leitung von Zuchtrichter Walter Schicker abgehalten. Insgesamt hatte man bis zu diesem Zeitpunkt mit sieben offiziellen Veranstaltungen (Ortsgruppen Zuchtschauen, Klubsieger- und Landesgruppenschauen!) unseren Beitrag zur Arbeit der Landesgruppe geleistet.

Trotz aller Widrigkeiten organisierte die Ortsgruppe in diesem Jahr ihre erste KSA-Schau außerhalb Berlins in Markee und bestand diese "Prüfung" mit der Unterstützung anderer Ortsgruppenmitglieder glänzend. Aber am Ende dieses ereignisreichen Jahres legte Norbert Schwabe sein Amt als Ausbildungswart nieder und verließ den Verein. Viele Mitglieder folgten ihm, weil mit ihm auch die Schutzhundausbildung der Ortsgruppe verloren ging. Die Geschäftsstelle wurde von Angelika Dula wieder an Frau Pallmar, die sie schon vorher jahrelang betreut hatte, zurückgegeben.

Zur Jahreshauptversammlung am 26. Januar 1996 erschienen nur noch neun Mitglieder: Ursula Hemmerling, Michael Spanowsky, Michaela Dillmann, Monika B.-Carus, Dagmar Streim, Eva Steckler, Ursula Menker, Hedwig Dressler und Ursula Pallmar. Die kleine Gruppe fragte sich ernsthaft, ob sie den Platz zukünftig noch unterhalten kann, die Zukunft des Vereins war so unsicher wie nie zuvor. Man beschloss, das Jahr 1996 abzuwarten und den Fortbestand der Ortsgruppe von der Entwicklung abhängig zu machen

Vorsichtig, aber zielstrebig suchte die 1. Vorsitzende Ursula Hemmerling neue Vorstandsmitglieder, stellte durch gemeinsame Spaziergänge Kontakte zwischen alten und neuen Mitgliedern her und baute langsam den Übungsbetrieb mit dem Ziel Begleithundprüfungen anzubieten, wieder auf. Schon 1996 konnte durch den gemeinsamen Besuch von Klubsiegerschauen und Landesgruppenschauen in Erpetal, Birkenwerder, Beelitz, Gommern, Markee und 1997 in Hohenschönhausen wieder ein Ortsgruppengefühl entstehen.

Dabei lernte man nebenbei andere Ortsgruppen und ihre Mitglieder kennen, was sehr zu einer vielfältigen und auch unabhängigen Sicht auf den aktuellen Hundesport beitrug. Die gemeinsam auf Klappstühlen verwarteten Tage hinter den Flatterleinen der Ringe brachten nicht nur die Hunde einander näher, sondern gaben den Hundehaltern genug Zeit für intensiven Erfahrungsaustausch untereinander. Der Kontakt zur berittenen Polizei, sie ist noch immer am Hundekehlesee stationiert, wurde in den letzten Jahren wieder aufgenommen. Diesmal aber, um den Hunden die Erfahrung einer Begegnung mit Pferden zu vermitteln.